Ein Auszug aus: Johannes Böttner (1917): Praktische Gemüsegärtnerei. (zur besseren Lesbarkeit sprachlich angepasst)
Grünkohl Anbaubedingungen
Der Blätterkohl (Grünkohl, Winterkohl) ist von den Kohlarten die anspruchsloseste. Seine Wachstumszeit fällt in die Spätsommer- und Herbstmonate. Für die Küche ist er brauchbar, sobald es stark friert: vorher taugt er nichts.
Grünkohl wächst in jedem Boden, auch auf dem Felde; man kann ihn auch noch im Schatten unter Bäumen pflanzen. Besonders zart wird er in gutem Gartenboden bei richtiger Pflege.
Grünkohl richtig Düngen
Düngung halte ich nicht für nötig, auch nicht für ratsam. Die Blätter wachsen dadurch geiler und sind dann nicht so widerstandsfähig im Winter; auch verlieren sie die schöne grüne Farbe. Sehr bezeichnend heißt dieser Kohl Winter- oder Grünkohl. Er soll im Winter „grün“ sein, auch unterm Schnee. Jede Behandlung, die das Grünbleiben im Winter beeinträchtigt, ist deshalb fehlerhaft. Falls es noch einer Mahnung bedarf, die Grünkohlbeete nicht zu düngen, so möchte ich anführen, dass der Kohl von ungedüngten Beeten mild, kernig, wohlschmeckend und bekömmlich ist. Der Grünkohl von gedüngten Beeten hat nach der Zubereitung leicht einen scharfen, beißenden, bitteren Geschmack, und nach dem Genuß stellen sich leicht Beschwerden ein.
Aussaat und Pflanzung von Grünkohl
Wer bis November schöne, große Grünkohlstauden haben möchte, muss noch im Mai Grünkohl auf das Saatbett säen. Im Juni, spätestens Anfang Juli, werden die Pflanzen auf die leicht umgegrabenen Beete gepflanzt, 3 Reihen auf das Beet und 40 Zentimeter Abstand. Bis Anfang Juli ist nun häufig freies Land noch etwas knapp. Später (Ende Juli, Anfang August) wird mehr Land frei. Um das Land durch zweimalige Bestellung besser auszunutzen, empfehle ich, auch später noch Grünkohl zu pflanzen. Die einzelnen Stauden werden dann zwar nicht mehr so groß, deshalb werden sie jetzt dichter gesetzt: 4 Reihen auf das Beet, die Pflanzen 30 cm weit.
Nach dem Pflanzen wird einigemale gehackt, sonst geschieht nichts weiter an der Pflanzung. Für den Winter bleiben die Grünkohlpflanzen an ihrem Platz stehen; sie werden dadurch, dass sie starken Frost erhalten, nur noch zarter und wohlschmeckender. Fürchtet man Wildschaden (Hasenfraß), Diebstahl, Überschwemmung oder ähnliches, so gräbt man die Pflanzen mit den Wurzeln aus und schlägt sie an passender Stelle wieder ein. Ich m uss hier bemerken, dass die meisten Kohlarten als ältere Pflanzen in ihrem derben Strunk viel Nährstoffe speichern und in Zeiten der Not davon leben können; außerdem schlagen unmittelbar aus dem Strunk heraus leicht neue Wurzeln. Deshalb vertragen alle Kohlpflanzen, dass man sie auf ein anderes Beet umsetzt und von hier als ziemlich große Pflanze aushebt zum Anpflanzen. Auch lassen sie sich in der kühleren Jahreszeit (im Herbst) einfach herausnehmen und wieder an anderer Stelle einpflanzen.
Ernte von Grünkohl
Geerntet wird der Grünkohl, indem man anfangs die äußeren Blätter und später, nachdem die übrigen Blätter noch weiter gewachsen sind, die Herzen abschneidet. Kleinere Pflanzen nimmt man auch ganz. Im Frühjahr treibt aus den übriggebliebenen Strünken neues Grün. Diese jungen Sprossen lassen sich auch noch verwenden, bevor sie in Samen schießen. Sie schmecken etwas süßlich, aber recht angenehm. Zudem hat man sie zu einer Jahreszeit, in welcher Grün aus dem Garten noch recht spärlich ist. – In gleicher Weise wie Grünkohl verwende ich die schlecht entwickelten Sprossen von Rosenkohl. Die losen Rosen des Rosenkohls geben schon im Herbst ebenfalls ein vorzügliches, grünkohlartiges Gemüse. Es gibt hohen, mittelhohen und niedrigen Grünkohl. Der feinstgekrauste niedrige grüne ist mir die liebste Sorte. Er wird schon bei leichtem Schneefall von Schnee zugedeckt und ist daher nicht stark winterfrostgefährdet.