Februar – die ersten Sonnenstrahlen scheinen einem auf’s Gesicht und die meisten Menschen bekommen langsam Torschusspanik, wenn es um das Vorziehen von Pflanzen für den heimischen Garten geht. Also schnell in den Baumarkt gefahren und noch ein paar Samen besorgt – oder, warum nicht einfach die Samen aus der Gurke oder Paprika aus dem Supermarkt gewinnen? Wir erklären das berühmtberüchtigte Phänomen der F1 Hybriden und was Sie bei der Saatgutbesorgung beachten sollten.
[Kurzfassung]
Wenn wir gekaufte F1-Hybridsamen aussäen, dann wachsen die Pflanzen ganz normal und die Früchte der Pflanze sind so, wie auf dem Bild der Samenpackung versprochen. F1-Hybriden sind auch nicht giftig oder gentechnisch verändert. (Gentechnisch verändertes Saatgut ist in Deutschland (noch) verboten.) Wenn wir allerdings von diesen Pflanzen, die aus F1-Saatgut gewachsen sind neue Samen gewinnen und im nächsten Jahr aussäen möchten, kann es passieren, dass ganz andere Pflanzen entstehen, wie auf dem Bild der Saatgutpackung, denn F1-Samen sind nicht sortenecht. Beispielsweise bekommen wir dann keine gelbe große Zucchini mehr (wie die auf der Samenpackung), sondern eine kleine grüne. Wer jedes Jahr neues Saatgut kaufen will, der ist mit F1-Hybriden gut beraten. Wer allerdings selber Saatgut gewinnen und eigene Pflanzen aussäen will, ganz ohne Samen zu kaufen, sollte keine F1-Hybriden kaufen sondern sich nach sortenechten, alten Sorten umschauen. Artikel: Saatgut online kaufen
[Langfassung]
Was versteht man überhaupt unter F1-Hybriden?
Ein F1 Hybride ist im Prinzip nicht schlechtes. Der Zusatz F1 verrät nur, dass es sich bei dem gekauften Saatgut um eine Kreuzung von verschiedenen Sorten in der F1-Generation handelt.
Ein folgendes Beispiel soll den Sachverhalt „einfach“ erklären. Es ist bewusst „einfach“ gehalten und auf verschiedene wissenschaftliche Faktoren wie Dominanz oder Rezessivität wird aus den Gründen der Einfachheit verzichtet.
Beispiel:
Wir möchten eine neue Tomatensorte „kreieren“, die rot ist und nach Mandarine schmeckt. In vielen Versuchen haben wir 2 sortenechte Eltern-Sorten herausgefunden, die wir miteinander kreuzen können, um genau diese Tomatensorte zu erhalten. Das heißt Elter1 vererbt die Eigenschaft „rot“ und schmeckt aber nur süß und Elter2 die Eigenschaft „Mandarinengeschmack“ und ist aber gelb.
Wir kreuzen in diesem Beispiel nun eine rote Tomate mit süßlichem Geschmack mit einer gelben Tomate mit mandarinigem Geschmack. Die nun entstehenden Tomatensamen kann man ernten und im nächsten Jahr aussäen.
Nachdem wir diese Samen angesät haben, erhalten wir Pflanzen, die prächtig wachsen und gedeihen. Im Spätsommer führen wir dann erste Geschmackstests durch und stellen fest, dass bei den vielen Pflanzen die z.B. rote, gelbe und gestreifte Tomaten mit bitterem, süßem oder mandarinigem Geschmack auch eine dabei ist, welche die Bedingungen „rot“ UND „mandarinig“ erfüllen. Dies ist also jetzt unser F1-Hybrid. Wir nennen die neue Tomatensorte Mandarina.
Nun weiter im Text:
Jetzt haben wir unsere „neue“ Tomatensorte Mandarina in der F1-Generation. Da wir diese Sorte nächstes Jahr wieder anbauen möchten, gewinnen wir aus unserer neuen Sorte im Herbst Saatgut. Nun säen wir die neu gewonnenen Samen von „Mandarina“. Bei den Pflanzen die jetzt keimen, handelt es sich um die F2-Generation. Doch was ist jetzt passiert? Unter den Pflanzen sind wieder gelbe und rote Tomaten dabei, die nicht nach mandarine schmecken. Laut den Mendelschen Regeln spalten sich die Individuen in der F2-Generation nämlich wieder auf. Unsere neue Sorte ist also nicht sortenecht. Wenn wir jetzt akribische Auslese betreiben würden und das Saatgut so oft aussäen würden, bis wir wieder eine rote Tomate mit mandarinigem Geschmack haben (F2-Generation und immer so weiter), kann es uns gelingen, eine samenechte Sorte zu zeugen, die dann auch immer die gleichen Tomaten hervorbringt. Wir stabilisieren also die Samen. Saatguthersteller haben allerdings kein Interesse an samenechten Sorten. Oftmals werden für die F1-Hybriden auch zwei verschiedene Inzuchtlinien miteinander gekreuzt, um den Heterosiseffekt zu nutzen (höherer Ertrag, besseres Wachstum und Gesundheit etc.).
Fazit:
Wenn wir F1-Hybriden Saatgut kaufen und dieses aussäen, dann wird die Pflanze sicherlich so, wie auf dem Bild beschrieben. Allerdings passiert es in der darauffolgenden Generation, dass sich unsere Pflanzen wieder aufspalten. (Gemäß Mendelscher Regel Nummer 2). Es ist also sehr unwahrscheinlich, eine sortenechte Sorten aus F1-Hybridsaatgut zu vermehren.
Es gibt im Internet so viele Versender von altem, stabilen Saatgut.
Ein Tipp noch am Ende: Erkundigen Sie sich bei Ihnen lokal und regional, welche Sorten die „alten Leutchen“ noch anbauen. Sie werden überrascht sein – manchmal baut jemand noch die Sorten an, die einst schon der Ur-Ur-Großvater auf diesem Land pflanzte. Solche Sorten sind dann in der Regel an das regionale Klima angepasst, dass durchaus auch innerhalb von Deutschland sehr variieren kann (Küsten, Berglagen, Talauen usw.)
[Kurztipp]
Allen Gartenfreunden, die sich mehr mit der Thematik „Eigenes Saatgut herstellen bzw. Saatgut züchten“ beschäftigen wollen, sei der Artikel von Gartenbauunternehmer Johannes Böttner aus dem Jahre 1899 ans Herz gelegt. Hier beschreibt er die Vor- und Nachteile von eigenem Saatgut. Ein sehr lesenswerterter Artikel: